„Metall auf Metall“ verlängert seine Europatournee. Der Rechtsstreit zwischen den Musikern geht in die nächste und vermutlich nicht die letzte Runde. Damit schreiben die Beteiligten nicht nur Musik- sondern auch Rechtsgeschichte. Falls irgendjemand noch nicht weiß, um was es dabei geht, hier ein kurzer Schnelldurchlauf:
Was bislang passierte
Mitglieder der Musikgruppe „Kraftwerk“ klagen seit gefühlten Ewigkeiten gegen Moses Pelham und Martin Haas. Der Streit rauf und runter durch die Instanzen dauert bereits mehr als 20 Jahre. Ein Ende ist nicht in Sicht. Es geht dabei um das das Musikstück „Metall auf Metall“ von Kraftwerk aus dem Jahr 1977, genauer gesagt um zwei Sekunden aus diesem Song. Pelham und Haas haben 1997 den Titel „Nur mir“ mit der Sängerin Sabrina Setlur komponiert. Allerdings haben sie die fraglichen zwei Sekunden aus dem Titel „Metall auf Metall“ elektronisch kopiert und unter den neuen Song gelegt. Damit war und ist Kraftwerk nicht einverstanden. Weitere Details des Prozesses könnt ihr hier bei Advo.today lesen.
Jetzt war wieder einmal das OLG Hamburg dran. Und Schluss ist immer noch nicht. Die Revision ist zugelassen worden.
Und das sagt das OLG Hamburg
Das Oberlandesgericht Hamburg (OLG) hat seine bislang dritte Entscheidung in dieser Sache verkündet. Und neben den Fragen zum Sampling geht es nun auch um den „Pastiche“.
Bei der Frage des Samplings hat das OLG die Vorgaben des Bundesgerichtshofs (BGH) beachtet. Danach gibt es eine Zeitgrenze mit dem 22.12.2002. Der BGH hatte entschieden, dass sich die Beklagten für die Zeit davor auf eine freie Benutzung des Tonschnipsels im Sinne des hier entsprechend anwendbaren § 24 UrhG berufen können. Damit steht Kraftwerk für den Zeitraum kein Anspruch zur Seite.
Für Vervielfältigungshandlungen ab dem 22. Dezember 2002 kommt laut BGH aber eine Verletzung des Vervielfältigungsrechts der Kläger in Betracht. Seit diesem Zeitpunkt sind Teile des Urheberrechts EU-richtlinienkonform auszulegen. Und das OLG spricht für diesen Zeitraum tatsächlich Ansprüche zu. Grund: Die Beklagten haben auch in dem Zeitraum den streitigen Song vervielfältigt und in Umlauf gebracht.
OLG sieht „Pastiche“
Nun sind aber aller guten Dinge „drei“. Und natürlich gibt es auch noch einen dritten Zeitraum, der zu beachten ist. Seit dem 07.06.2021 gibt es eine neue Schranke für Pastiche. Das ist in § 51 a UrhG geregelt. Unter einem Pastiche ist eine Nachahmung oder Imitation zu verstehen. Eine genaue rechtliche Klärung dieses neuen Rechtsbegriffs gibt es natürlich noch nicht. Dafür ist diese Regelung zu neu. Das OLG sieht aber die Voraussetzungen als gegeben an. Damit durften die Beklagten ab diesem Datum den „Musikschnippsel“ verwenden, da sie ihn in ein eigenständiges neues Werk eingebracht haben. Pastiche ist also auch auf das Sampling anzuwenden.
Da die rechtlichen Fragen um „Pastiche“ aber noch nicht gänzlich geklärt sind, hat das OLG Hamburg die Revision zum BGH zugelassen. Und selbstverständlich hat Kraftwerk von dieser Möglichkeit sofort Gebrauch gemacht. Ein neues Aktenzeichen gibt es auch schon beim BGH: I ZR 74/22. Und in Fachkreisen wird gemunkelt, dass der BGH die ganze Sache noch einmal dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Klärung einiger Rechtsfragen vorlegen wird.
Fazit: Metall auf Metall ist auf seiner aktuellen Europatournee ab sofort wieder beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe zu hören. Die Tour ist also noch lange nicht zu Ende.
OLG Hamburg, Urteil vom 28. April 2022 – 5 U 48/05 –
(Foto: privat)