Immer wieder tauchen in der Beratungspraxis die Fragen besorgter Eltern nach dem sogenannten Filesharing auf. Und wie soll man mit Abmahnungen großer Musikkonzerne oder bekannter Künstler umgehen? Die Kinder haben Musiktitel oder sogar ganze Alben in Internet-Tauschbörsen angeboten und plötzlich trudelt die Abmahnung ins Haus. Sind manchmal die technischen Zusammenhänge schon schwer zu verstehen, so gilt das auch für die dahinterstehenden Rechtsfragen. Viele Eltern meinen, dass das so schlimm doch gar nicht sei und „die“ dafür doch nicht so viel Geld verlangen dürften?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich jetzt mit den Fragen rund um die Teilnahme an Internet-Tauschbörsen befasst. Die Klägerin hat die Verwertungsrechte an den auf dem Musikalbum „Loud“ der Künstlerin Rihanna enthaltenen Musiktiteln inne. Sie nimmt die Beklagten wegen Urheberrechtsverletzung auf Schadensersatz in Höhe von mindestens 2.500 € sowie auf Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 1.379,80 € in Anspruch. Die Musiktitel sind über deren Internetanschluss im Wege des Filesharing öffentlich zugänglich gemacht worden.
Die Beklagten haben bestritten, die Rechtsverletzung begangen zu haben. Sie haben darauf verwiesen, dass ihre bei ihnen wohnenden volljährigen Kinder eigene Rechner besessen und über einen mit einem individuellen Passwort versehenen WLAN-Router Zugang zum Internetanschluss gehabt hätten. Die Beklagten haben erklärt, sie wüssten, welches ihrer Kinder die Verletzungshandlung begangen habe; eine Namensangabe haben sie jedoch verweigert.
Das Landgericht hat der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 2.500 € und den Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 1.044,40 €. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb erfolglos.
Und das meint der BGH
Der Bundesgerichtshof hat jetzt auch die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Grundsätzlich trägt zwar die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Eltern für die Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich sind. Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn keine anderen Personen – etwa Familienangehörige – diesen Internetanschluss zum betreffenden Zeitpunkt benutzen konnten.
Zu dieser Frage muss sich der Anschlussinhaber im Rahmen einer sogenannten „sekundären Darlegungslast“ erklären, da der Klägerin diese Umstände unbekannt sind. Der Anschlussinhaber ist dabei im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat.
Die Beklagten haben im Streitfall dieser Pflicht nicht genügt. Sie haben nicht den Namen des Kindes angegeben, das ihnen gegenüber die Rechtsverletzung zugegeben hat. Diese Angabe war den Beklagten unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Parteien aber zumutbar. Hat der Anschlussinhaber im Rahmen der ihm obliegenden Nachforschungen den Namen des Familienmitglieds erfahren, das die Rechtsverletzung begangen hat, muss er dessen Namen offenbaren. Nur so kann er eine eigene Verurteilung abwenden.
BGH, Urteil vom 30. März 2017, I ZR 19/16