Der BGH und die Kunst

Ist das Kunst oder kann das weg? Vor vielen Jahren soll eine Reinigungskraft ein Kunstwerk von Josef Beuys fälschlicherweise für Abfall gehalten haben. Seitdem, ist diese Frage ein „running gag“ im Zusammenhang mit moderner Kunst. Kein Gag war die Umgestaltung einer Indoor-Minigolfanlage für die Künstler, die die Räume zuvor künstlerisch ausgestattet hatten. Was war passiert:

Die Kläger hatten als bildende Künstler die Räume der Minigolfanlage mit Farben gestrichen, die unter Schwarzlicht leuchteten. Darüber hinaus hatten sie im Eingangsbereich eine Brunneninstallation sowie eine Sterninstallation geschaffen. Der Betreiber der Minigolfanlage eröffnete diese im Juli 2010 und gestaltete sie eineinhalb Jahre später um. Dabei wurden die Installationen entfernt und zerstört. Die ersten beiden Instanzen haben die Klage der Künstler auf Schmerzensgeld wegen der Entfernung und Zerstörung ihrer Installationen abgewiesen.

Und das meint der BGH:

Der Bundesgerichtshof sieht die Sache etwas anders. Er hat das Berufungsurteil aufgehoben. Das Berliner Kammergericht (so wird dort das Oberlandesgericht genannt) darf und muss nun neu entscheiden. Es ist ein übliches Vorgehen des BGH, dass er dem Gericht der vorherigen Instanz seine, bei der neuen Urteilsfindung zu beachtende Meinung mit auf den Weg gibt.

Nach Rechtsauffassung des BGH stellt die Vernichtung eines urheberrechtlich geschützten Werks eine „andere Beeinträchtigung“ im Sinne des § 14 UrhG dar. Dieser Paragraf verlangt eine Prüfung, ob die Vernichtung eines Kunstwerks geeignet ist, die berechtigten persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden. Dabei ist eine umfassende Abwägung der Interessen des Urhebers und des Eigentümers des Werks vorzunehmen. Diese Interessenabwägung war dem BGH in den Vorinstanzen zu kurz gekommen. Das Kammergericht darf das jetzt nachholen.

Schlägt das Pendel nach der Abwägung zugunsten der Kläger aus, ist die Angelegenheit aber noch nicht für die Künstler entschieden. In einem zweiten Schritt hat das Kammergericht dann zu prüfen, ob es sich um eine schwerwiegende Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts handelt. Und dann stellt sich noch die Frage, ob die Verletzung nicht in anderer Weise als durch eine Geldentschädigung ausgeglichen werden kann. Die Künstler haben also nach dem Erfolg beim BGH noch einen langen und schwierigen juristischen Weg vor sich.

Urteil vom 21. Februar 2019 – I ZR 15/18

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