Urheberrecht – Verletzung durch Framing ?

Die Digitalisierung unserer Welt schreitet unaufhaltbar voran. Sie mag vieles erleichtern. Sie bringt uns aber auch Probleme, von denen wir vor einigen Jahren noch keinerlei Vorstellung hatten. Die Frage, ob Framing das Urheberrecht verletzen kann, hätte in den 1980er Jahren wahrscheinlich noch niemand verstanden. Jetzt musste sich der für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit genau diesem Problem beschäftigen. Unter „Framing“ wird dabei das Einbetten von Medien in eine Webseite verstanden, die auf einem anderen Host als die sie enthaltende Seite gespeichert sind.

Das ist passiert:

Klägerin ist die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Sie ist Trägerin der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB). Die DDB beschreibt sich selbst auf ihrer Web-Seite so: Ziel der Deutschen Digitalen Bibliothek ist es, jedem über das Internet freien Zugang zum kulturellen und wissenschaftlichen Erbe Deutschlands zu eröffnen, also zu Millionen von Büchern, Archivalien, Bildern, Skulpturen, Musikstücken und anderen Tondokumenten, Filmen und Noten. Als zentrales nationales Portal soll die DDB perspektivisch die digitalen Angebote aller deutschen Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen miteinander vernetzen.

Auf der Internetseite der Bibliothek kann jeder über elektronische Verweise („Links“) digitalisierte Inhalte abrufen. Diese sind wiederum in den Webportalen der jeweiligen Einrichtungen gespeichert. Die Bibliothek speichert Vorschaubilder dieser digitalisierten Inhalte. Einige dieser Inhalte, wie etwa Werke der bildenden Kunst, sind urheberrechtlich geschützt.

Die Beklagte ist die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst. Sie vertritt die Interessen der ihr angeschlossenen bildenden Künstler und nimmt deren urheberrechtlichen Befugnisse wahr. Die Klägerin möchte einen Vertrag abschließen, der es ihr erlaubt, die Werke der Künstler in Form von Vorschaubildern zu nutzen. Laut BGH macht aber die Beklagte den Abschluss des Vertrags von der Aufnahme folgender Bestimmung in den Vertrag abhängig: „Die Lizenznehmerin verpflichtet sich, bei der Nutzung der vertragsgegenständlichen Werke und Schutzgegenstände wirksame technische Maßnahmen zum Schutz dieser Werke oder Schutzgegenstände gegen Framing anzuwenden.“

Die DDB will dem nicht zustimmen und beantragt bei Gericht die Feststellung, dass die Beklagte zum Abschluss eines Nutzungsvertrages ohne diese Regelung verpflichtet ist. Die Vorinstanzen haben unterschiedlich entschieden. Nun ist der BGH am Zug.

Das meint der BGH:

Vorweg: Der Bundesgerichtshof hat die Sache (noch) nicht entschieden. Aus Sicht der BGH-Richter muss zunächst der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft auslegen. Dabei ist zu prüfen, ob die Einbettung eines mit Einwilligung des Rechtsinhabers auf einer frei zugänglichen Internetseite verfügbaren Werks in die Internetseite eines Dritten im Wege des Framing eine öffentliche Wiedergabe des Werks ist. Es geht um Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG. Der Umstand, dass dies unter Umgehung von Schutzmaßnahmen gegen Framing erfolgt, die der Rechtsinhaber getroffen oder veranlasst hat, soll dabei besonders berücksichtigt werden. Bis dies geklärt ist, hat der Bundesgerichtshof das Verfahren ausgesetzt.

Schutz vor Framing

Grundsätzlich ist die Beklagte zwar als Verwertungsgesellschaft verpflichtet, jedem zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen. Sie muss dabei aber die Rechte der ihr angeschlossenen Urheber wahrnehmen und durchsetzen. Dies könnte laut BGH dazu führen, dass die Klägerin sich in einem abzuschließenden Nutzungsvertrag zu technischen Schutzmaßnahmen gegen Framing verpflichten muss. Dann muss es aber eine Urheberrechtsverletzung darstellen, wenn frei zugänglichen Vorschaubilder unter Umgehung derartiger Schutzmaßnahmen im Wege des Framings in eine andere Internetseite eingebettet werden. Ob in einem solchen Fall Europäisches Recht verletzt wird, das durch § 15 Abs. 2 UrhG ins deutsche Recht umgesetzt wird, soll nun der Gerichtshof der Europäischen Union entscheiden.

BGH, Beschluss vom 25. April 2019 – I ZR 113/18 – Deutsche Digitale Bibliothek

Diesen Beitrag teilen auf: